Robert Jungk Preis für Zukunftsforschung 2016Am Mittwoch, den 23. November 2016 wurde im ORF Salzburg der Salzburger Landespreis für Zukunftsforschung 2016 an Byun-Chul Han verliehen. | ||
Nach etwa einer halben Stunde Lobreden des Preisverleihers begann Byun-Chul Han seine Rede. In den ersten 5 Minuten erwähnte er gefühlte 50 mal "Ich bin krank, ich bin krank geschrieben, ich bin krank". Ich ertrug es eine weitere viertel Stunde. In Salzburg gibt es einen Radiosender, der täglich "44 Sekunden nutzloses Wissen" bringt. Ich kann versichern: In jeder einzelnen Sendung "44 Sekunden nutzloses Wissen" habe ich um Größenordnungen mehr nützliches Wissen erhalten, als in den ersten 20 Minuten.
Zahlreiche Besucher verließen den Saal und wir unterhielten uns draußen weiter. Nach einer weiteren halben Stunde war das zu Ende, was eigentlich die Rede des Ausgezeichneten hätte sein sollen. Der Rest des Publikums verließ den Saal. Ein Mann sprach mich an und meinte:
Wieso wurde Byun-Chul Han überhaupt als Preisträger ausgewählt? Weil Kritik für sich allein mehr zählt als Pläne etwas zu ändern. Weil sich die Systemlinge in der Kritik wohlig suhlen, so wie das Schwein sich im Schlamm wohlig suhlt. Das kam in "Einfach genial wie er das ganze System verarscht hat" zum Ausdruck. Ganz in diesem Stil war auch der Bericht des ORF Salzburg zur Preisverleihung. Was wäre gewesen, mit einem Preisträger, der sehr konkrete Pläne zur Verbesserung der Gesellschaft hat? Nein, der hätte schon im Auswahlprozess keine Chance gehabt. Das System muss kritisiert werden, das System muss verarscht werden, nebulose Änderungswünsche dürfen geäußert werden, aber jeder konkrete Vorschlag zur Änderung ist strengstens verboten. Doch was wäre im völlig undenkbaren Fall gewesen, wenn ich eine Stunde über weltweiten Wohlstand, eine grenzenlose Zukunft und ganz konkreten Schritten zur Umsetzung wie den ersten Schritt zu einer umfassenden Steuerreform vorgetragen hätte? Ich gehe mit Sicherheit davon aus, dass dieser Mann dann nicht gesagt hätte "Einfach genial wie er das ganze System verarscht hat", sondern "Wieso bekommt so ein Spinner und Weltverbesserer einem Preis für Zukunftsforschung?"
Es war einmal, die Philosophie, die Philosophen, die neue Leitbilder für die Gesellschaft erdachten. Diese Preisvergabe zeigte überdeutlich die Degradierung der Philosophie zum Hofnarren des Systems. Die Systemverarschung als Publikumsbelustigung jenseits jeglicher Absicht etwas zu ändern. |